Montag, 7. April 2014

Zwangsversteigerung, das erste Mal

Letzte Woche war ich das erste Mal bei einer Immobilienzwangsversteigerung dabei.
Einige Wochen zuvor hatte ich einmal zu diesem Thema „das Internet quer gelesen". Grundsätzlich hieß es, man kann Glück haben oder eben die Katze im Sack kaufen, daher ist es besonders wichtig möglichst viel im Voraus über die Wohnung heraus zu finden. Als ein weiterer Tipp wurde empfohlen einfach mal bei einer Versteigerung teilzunehmen ohne unbedingt überhaupt etwas zu bieten. Gesagt getan.
Dazu habe ich mir ein Objekt ausgesucht, das in etwa meinen Kriterien entspricht. Allerdings habe ich nicht noch weiter nach Details gegraben, da ich ja erstmal nur exemplarisch dabei sein wollte.

Kurze Eckdaten zur Wohnung:
Lage: für mich mittelmäßig gut, da es ein Kompromiss zwischen Preis und Entfernung ist
Größe: 74m², 3 Zimmer
Verkehrswert: 155.000€ + 10.000€ KFZ-Stellplatz.
Baujahr: 1998 (der größte Pluspunkt für mich).
Das Verkehrsgutachten klang recht viel versprechend.

Durch meine online Recherchen optimistisch gestimmt, rechnete ich mit einem Zuschlag im Bereich von 50%-70% des Verkehrswertes.
Für mich persönlich wäre das Limit bei 105.000€ gewesen.
Doch es kam ganz anders:

Ablauf:
Als der Saal im Amtsgericht geöffnet wurde strömten direkt ca. 20 Personen hinein. Nach einer kurzen Begrüßung und dem Vorlesen der zu stattfindenden Zwangsversteigerung ging es auch direkt los. Meine erste Überraschung. Das Mindestgebot wurde auf 105.000€ gesetzt. Schon mal direkt mein Maximum. Also ich wäre schon so gut wie raus.
Ein älterer, gut gekleideter Herr ist sofort nach vorne gestürmt und hat das erste Gebot abgegeben, dazu musste er seinen Personalausweis und seine Biet Sicherheit von 10% des Verkehrswertes hinterlegen. Wenige Minute später kam auch direkt der zweite Bieter nach vorne und bot sogleich 106.000€
Dann passierte erstmal gute 20 Minuten praktisch nichts. Ab uns zu kamen weitere Personen in den Raum, andere verließen ihn kurz. Lediglich die 2 Bieter musterten sich die ganze Zeit aus den Augenwinkeln heraus und versuchten sich gegenseitig einzuschätzen. Insgesamt wirkten die Beiden Männer als hätten sie schon reichlich Erfahrung mit Zwangsversteigerungen.
Aus gesetzlichen Vorgaben heraus muss eine Zwangsversteigerung mindestens 30 Minuten lang dauern, sonst ist diese nicht gültig, daher passierte, wie gesagt, in den ersten 20 Minuten nicht viel. Bis Eine Dame nach weiteren Details zu der Wohnung fragte. Sie wunderte sich, dass nichts zu der aktuellen Mietsituation vorgetragen wurde, da sie mit dem Zwangsverwalter vorher gesprochen hätte und dieser ihr auch keine Details verraten wollte, sondern sie lediglich auf den Versteigerungstermin selbst verwies. Der sehr gelangweilte Herr vom Amtsgericht durchforstete nochmal seinen doch beachtlichen Stapel an Papier auf seinem Tisch und fand tatsächlich noch weitere Informationen.
Aktuelle Mieterin? Was? Das war mir neu, hatte ich das übersehen gehabt? Ein kurzer Blick in den Saal und die vielen fragenden Gesichter machte mir doch wieder Mut, scheinbar ging es fast allen so.
Eckdaten der Mieterin:
Kaltmiete: 630€ pro Monat
Mieterin ist eine ältere Dame die aus gesundheitlichen Gründen Mieterschutz beantragt hat.
Außerdem hängt sie auch einige Kaltmieten in der Bezahlung hinterher, versucht diese aber jetzt aufzuholen.
Kurz um, leider keine sehr erfreuliche Nachricht. 630€ für eine Wohnung die 155.000€ Wert sein soll, klingt schon mal recht gering. Die Chance das Objekt selbst zu Bewohnen ist praktisch nicht vorhanden und auf jeden fall mit erheblichem Ärger verbunden. Ab dem Zeitpunkt war mir die Wohnung selbst die 105.000€ nicht mehr Wert.
Doch kurz bevor die 30 Minuten abgelaufen sind, ging es richtig los. Ca. 5 Personen sind auf einmal nach vorne gestürmt und gaben ihre Gebote ab. Immer genau um 1.000 mehr als der vorherige. Nach dem keine Neuen Bieter dazu kamen ging es mit den geboten trotzdem weiter und so haben sich alle gegenseitig recht schnell hoch geboten. Das Finale wurde dann letztendlich zwischen 2 Personen ausgetragen. Dem Mann vom Anfang, der als aller erstes ein Gebot abgegeben hat und von einem kleinen sehr unscheinbaren Mann der lediglich durch kurze zwischen Fragen am Anfang auffiel. Ab 156.000€ haben nur noch die Beiden sich gegenseitig bis auf 165.000€ hoch geboten. Den Zuschlag bekam jedoch der unscheinbare Mann.
Ein ganz schön stolzer Preis, das Objekt wurde für den vollen Verkehrswert von 165.000 versteigert. Die Bank hatte sich sehr gefreut, sich die Hände gerieben und beantrage sofortigen Zuschlag. Diese Reaktion der Bank war das einzige was mich davon abhielt an meinem Verstand zu zweifeln, da ich es absolut nicht nachvollziehen konnte wie man bereitwillig so einen preis für dieses Objekt bezahlt, obwohl man die Historie der Mieterin kennt. Ich hoffe nur das der Käufer es nicht kurz darauf bereuen wird und seinen Frust an der armen alten Mieterin auslässt, sie kann da am aller wenigsten etwas dafür.

Resümee:
Ein Tipp welcher oft in meiner Recherche genannt wurde war: Biete in krummen Zahlen und verschleiere um jeden Preis dein Biet Limit. Das konnte ich in dieser Versteigerung überhaupt nicht erkennen. Es wurde immer brav in ganzen 1.000er Schritten geboten, wessen Limit erreicht wurde, stieg einfach aus, irgendwelche Psychospielchen oder sonst etwas war für mich nicht erkennbar.

Die einzige Erkenntnis die ich dazugewonnen habe ist: kontaktiere ebenfalls den Zwangsverwalter um noch mehr Informationen über das Objekt zu erhalten.
Es ist kein Problem offen und ehrlich zu Bieten, man muss sich nicht irgendwelche hinterlistigen Psychotricks einfallen lassen.
Ansonsten hat sich mein Vorgehen, mir persönlich ein ganz klares Limit zu setzen, auf jeden Fall bewährt.
Allerdings war diese Versteigerung nur in einem von insgesamt 4 verschiedenen Ortskreisen in denen ich ein Auge auf ein Immobilien Objekt geworfen habe.

Vielleicht läuft das ganze in den anderen Amtsgerichten ganz anders ab.

3 Kommentare:

  1. Danke fürs Teilen deiner Erfahrungen.

    Mich wundert stark, dass weiter geboten wurde als die Situation mit der Dame bekannt wurde. Da wär es schon spannend in die Köpfe der Leute zu schaun.

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  2. Sehr interessant mal zu erfahren, wie eine solche Zwangsversteigerung von Statten geht. Um das Vorgehen der Beteiligten Bieter doch zu verstehen: Ist denn die Lage insgesamt, abgesehen von deiner persönlichen Einschätzung, für die Käufer eventuell besonders attraktiv?

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  3. nach meiner bisherigen Erfahrung eher nicht,
    ich persönliche habe bisher bessere Angebote als "Notverkauf" gesehen,
    diese muss man aber natürlich erstmal finden.

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